Von der Wahrscheinlichkeit zwei Leben zu retten - Anne Lück

Was passiert mit einem Menschen, der keine behütete Kindheit hat, der in Heimen lebt und von Pflegefamilie zu Pflegefamilie kommt? Der im Erwachsenenalter nichts auf die Reihe bekommt, weil er einfach nicht gelernt hat alleine klar zu kommen, Rechnungen zu bezahlen und die Wohnung sauber zu halten? Es sind keine Bezugspersonen da, keine Freunde die einen unterstützend unter die Arme greifen, weil sie die gleichen Probleme haben.

 

Kira geht es genau wie beschrieben und sie fasst den Entschluss ihrem Leben ein Ende zu setzen. Der 25.06.2017, ihr Geburtstag, soll gleichzeitig auch der Tag sein, an dem ihr Leben endet.

 

Robin hat Blutkrebs und hat die Hoffnung nie aufgegeben einen geeigneten Spender zu finden, doch so langsam schwindet auch bei ihm der Mut.

Durch puren Zufall passt Kira als Spenderin zu Robin und sie beschließt ihr Knochenmark zu spenden. Sie wundert sich über sich selbst, denn irgendwie handelt sie schneller mit der Zusage, als ihr eigentlich lieb ist. Doch bei einer Sache ist Kira sich sicher. Sie möchte auf keinen Fall die Person kennenlernen, der sie das Knochenmark spendet.

 

Robin hat andere Pläne, denn er möchte unbedingt die Person kennenlernen, der er sein neues Leben verdankt und so nehmen die Geschehnisse im Krankenhaus ihren Lauf. Durch Robins kleinen Bruder Sam wird der Kontakt hergestellt und Kira befindet sich einmal mehr im Zwiespalt, doch Robin lässt nicht locker. Kira hat trotz der neuen Freundschaft einen starken Willen und weicht von ihrem Plan, sich das Leben zu nehmen, nicht ab.

 

Gelingt es Robin Kira von ihren Plänen abzubringen und nimmt Robins Körper überhaupt die Spende von Kira an?

Eine Geschichte, die sowohl spannend, als auch herzergreifend ist.

 

Eigentlich bin ich eher so der Krimi- und Thrillertyp, aber diese Geschichte hat wirklich mein Herz berührt.

Während der gesamten Geschichte habe ich mich gefragt, was Kira passiert sein muss, dass sie von ihrem Selbstmordplan nicht abweicht und auch keine andere Lösung sieht. Auch als sie Robin näher kennenlernt, lacht und merkt, dass sie ihn wirklich mag, lässt sie sich nicht umstimmen. Obwohl man im Verlauf des Buches immer wieder der innere Kampf wahrnehmen kann. Soll sie oder soll sie nicht? Sie fühlt sich nutzlos und ungebraucht und wundert sich, dass Robin sich ernsthaft Sorgen um sie macht und sich wirklich für sie interessiert. Meiner Meinung nach das Normalste der Welt. Ich finde es dermaßen traurig, dass junge Menschen durch die Kindheit so geprägt werden können, dass sie nichts Positives an sich finden können und keinen anderen Ausweg sehen, als ihr Leben auszulöschen. Sie öffnet sich gegenüber Robin immer ein wenig mehr und zieht sich genauso schnell wieder zurück. Umso schöner, dass Robin sie zu nichts drängt, ihr immer die Möglichkeit zu Entscheidungen offen und sie auch nicht im Stich lässt.

Robin reagiert intuitiv auf Kira, er merkt, dass sie scheu ist und gibt ihr genau den Freiraum, den sie braucht.

 

„Dankbarkeit ist ein schönes Gefühl. Es ist warm und einfach, also nicht kompliziert. Liebe ist auch warm und schön, aber sie kann auch wirklich wehtun. Sie kann eine Mischung aus dem schönsten und dem schlimmsten Gefühl dieser Welt sein. Man fühlt sich leicht und schwer, hoffnungslos und hoffnungsvoll, man könnte weinen und lachen. Im Gegensatz zu Dankbarkeit ist Liebe kompliziert. Aber sie ist jedes Gefühl wert.“ Nachdem Robins Mutter diesen Satz Robin ans Herz gelegt hat, fasst er den Entschluss Kira seine Gefühle zu gestehen und sie nie im Stich zu lassen und das zeugt meiner Meinung nach von großer Stärke und Willenskraft, gerade in diesem jungen Alter.

Ein Buch zum Weinen und Schmunzeln, zum Träumen, aber auch zum Nachdenken.

 

Wenn ich ein Fazit aus dem Buch ziehen soll, wäre es dieses: Die positiven Dinge in der Gegenwart können, mit Hilfe der richtigen Personen an der Seite, den negativen Erfahrungen aus der Vergangenheit überwiegen.